Montessori-Pädagogik und Religion
– Gedanken zur Weihnachtszeit
Montessori Religion – ein Thema, das immer wieder Fragen aufwirft.
Und jetzt steht wieder Weihnachten vor der Tür.
Eine Zeit, die bei vielen Menschen Erinnerungen, Erwartungen und ganz unterschiedliche Gefühle hervorruft.
Erst vor ein paar Tagen hörte ich in einem Gespräch eine Aussage, die mich innehalten ließ: Eine Familie fand, dass man Weihnachten nicht feiern sollte, wenn man nicht an Jesus glaubt.
Was mich an diesem Gespräch so beschäftigt hat, war weniger die religiöse Frage an sich, sondern die Vorstellung, dass ein Fest wie Weihnachten an Bedingungen geknüpft wird.
Als müsste man erst etwas glauben, um gemeinsam feiern, innehalten oder sich verbunden fühlen zu dürfen.
Und genau hier berührt das Thema Weihnachten für mich einen zentralen Gedanken der Montessori-Pädagogik.
Montessori-Pädagogik und Religion
– Gedanken zur Weihnachtszeit
Montessori Religion – ein Thema, das immer wieder Fragen aufwirft.
Und jetzt steht wieder Weihnachten vor der Tür.
Eine Zeit, die bei vielen Menschen Erinnerungen, Erwartungen und ganz unterschiedliche Gefühle hervorruft.
Erst vor ein paar Tagen hörte ich in einem Gespräch eine Aussage, die mich innehalten ließ: Eine Familie fand, dass man Weihnachten nicht feiern sollte, wenn man nicht an Jesus glaubt.
Was mich an diesem Gespräch so beschäftigt hat, war weniger die religiöse Frage an sich, sondern die Vorstellung, dass ein Fest wie Weihnachten an Bedingungen geknüpft wird.
Als müsste man erst etwas glauben, um gemeinsam feiern, innehalten oder sich verbunden fühlen zu dürfen.
Und genau hier berührt das Thema Weihnachten für mich einen zentralen Gedanken der Montessori-Pädagogik.
Maria Montessori und Religion
Maria Montessori selbst war katholisch und wuchs in einem stark christlich geprägten Umfeld auf. Ihre Schriften tragen den Geist und die Sprache ihrer Zeit. Und die Pädagogik entwickelte sich durch ihre Beobachtungen, ihre persönliche Entwicklung und ihre Erfahrungen im Laufe von Jahrzehnten zu jener Montessori-Pädagogik, wie wir sie heute kennen.
Gerade deshalb ist es wichtig, Montessoris Werk nicht wortwörtlich zu übernehmen, sondern ihre Beobachtungen und Grundgedanken im Kontext ihrer Zeit zu verstehen und in unsere heutige Zeit zu übersetzen.
Maria Montessori studierte als erste Frau in Italien Medizin.
Ihr medizinisches Fachwissen entsprach dem damaligen Stand der Wissenschaft, ebenso die Begriffe und Konzepte, die zu dieser Zeit gelehrt wurden – erworben in einem stark männlich geprägten universitären Umfeld. Von diesem Ausgangspunkt aus ging sie wissenschaftlich vor, so wie sie es in ihrem Studium gelernt hatte: durch genaue Beobachtung, Dokumentation und das Ableiten von Erkenntnissen aus der Praxis. Die Montessori-Pädagogik ist daher nicht esoterisch oder anthroposophisch, sondern beobachtungs- und erkenntnisbasiert. (Dennoch wird sie in der öffentlichen Darstellung immer wieder fälschlich in diesen Zusammenhang gestellt.)
Und durch dieses Vorgehen entwickelte sie ihre Arbeit weiter und überschritt Schritt für Schritt die damaligen Grenzen des Denkens.
Und hier zeigen ihre Beobachtungen etwas Zeitloses – etwas, das weit über eine bestimmte Religion hinausgeht.
Im Zentrum ihrer Arbeit stand das Kind – der Mensch
Unabhängig von Herkunft, Kultur oder Glauben beschrieb Maria Montessori grundlegende menschliche Entwicklungsbedürfnisse, die später von ihrem Sohn Mario Montessori systematisch gesammelt, geordnet und als „Humane Tendenzen“ veröffentlicht wurden.
Wenn wir also in der Montessori-Pädagogik von humanen Tendenzen sprechen, meinen wir damit nicht die grundlegenden körperlichen Bedürfnisse wie Schlaf, Nahrung oder Wärme. Diese bilden die Basis des Lebens.
Die humanen Tendenzen beschreiben vielmehr grundlegende Entwicklungsbedürfnisse, die über die körperliche Versorgung hinausgehen, wie zum Beispiel das Bedürfnis nach Gemeinschaft, nach Orientierung, nach Sprache oder das aktive Arbeiten mit der Hand.
Es sind Aspekte und Charakteristika, die den Menschen quasi in seinem Menschsein beschreiben und für das eigenen Wohlempfinden essenziell sind.
Diese Entwicklungsbedürfnisse zeigen sich bei allen Menschen – unabhängig davon, in welchem kulturellen oder religiösen Umfeld sie aufwachsen. Sie sind beobachtbar im kindlichen Handeln, im Fragenstellen, im Suchen nach Zusammenhängen und Bedeutungen.
Und ganz spannend: Sie haben keine Altersgrenze.
Diese Tendenzen zeigen sich in jeder Lebensphase – allerdings immer auf unterschiedliche Weise. Sie brauchen unterschiedliche Antworten, aber sie sind da.
Für mich war dieses Verständnis ein wirklich verändernder Moment. Plötzlich begann ich, den Menschen anders zu sehen – nicht mehr als jemand, der „etwas erreichen“ oder „etwas erfüllen“ muss, sondern als jemanden, der sich auf einem Weg befindet.
Diese Entwicklungsbedürfnisse wurden für mich zu einer Art innerem Wegweiser. Nicht im Sinne einer festen Richtung, sondern als Orientierung. Denn jeder Weg ist individuell: manchmal holprig oder steinig, manchmal rutschig, manchmal überraschend leichtfüßig.
Und doch zeigen diese Tendenzen immer wieder an, wo ein Mensch gerade steht und was er in diesem Moment braucht. Der entscheidende Unterschied in der Montessori-Pädagogik liegt darin, dass diese Entwicklungsbedürfnisse nicht nur beschrieben oder theoretisch anerkannt werden, sondern immer zum Ausgangspunkt des pädagogischen Handelns werden.
Und ja – genau diesen Teil der Pädagogik liebe ich besonders! : )
Die Humane Tendenz – Spiritualität
Montessori und Religion
Eine dieser Tendenzen ist die Spiritualität.
Seit jeher sucht der Mensch nach Orientierung und Antworten. Schon die ältesten Bauwerke, die die Menschen errichtet haben, hatten nach heutigem Wissen religiöse oder spirituelle Bedeutung.
Fragen wie „Wer bin ich?“, „Wo komme ich her?“ und „Wo gehe ich hin?“ begleiten uns seit vielen tausenden von Jahren.
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, haben sich im Laufe der Menschheit unterschiedliche religiöse und kulturelle Erklärungen entwickelt. Und jede Kultur bringt dabei ihre eigenen Rituale, Werte und moralischen Vorstellungen hervor, in die Kinder zunächst einfach hineinwachsen.
Heute begegnen sich viele dieser Sichtweisen stärker als früher und durch eine vernetztere Welt vermischen sich auch Traditionen, neue Formen entstehen und alte dürfen hinterfragt werden.
Auch bei Kindern zeigt sich dieses Bedürfnis ganz selbstverständlich, und zwar im Erleben von Festen und Bräuchen, im Empfinden von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, im Fragenstellen. Und mit der Zeit wächst dieses Interesse an anderen Sichtweisen, an Gut und Böse, an der Verantwortung für Mitmenschen, Tiere und unserer Umwelt.
Im Laufe des Lebens entwickelt jeder Mensch seine eigenen Antworten – ob religiös, spirituell oder weltanschaulich offen.
Entscheidend ist hier nicht, woran geglaubt wird, sondern dass dieser innere Prozess Raum haben darf und durfte!
Also geht es bei der Montessori-Pädagogik und der Frage nach Religion nicht um Dogmen oder festgelegte Antworten. Es geht um die innere Suche, um Fragen nach dem Woher und Wohin, um das Erleben von Verbundenheit, Dankbarkeit und Stille. Um etwas, das größer ist als wir selbst – und das sich in vielen Formen zeigen kann.
Maria und ihr Sohn Mario begegneten diesen Bedürfnissen nicht nur im christlichen Kontext, sondern auch in anderen Kulturen und Lebenswelten, mit unterschiedlichen religiösen Vorstellungen – oder ganz ohne religiöse Praxis – und alle zeigten dieselben inneren Bedürfnisse.
Und genau deshalb ist Spiritualität in der Montessori-Pädagogik niemals an eine bestimmte Religion gebunden.
Es geht nicht darum, Kindern fertige Antworten zu geben oder Glaubenssätze zu vermitteln.
Es geht vielmehr darum, Raum zu lassen für Fragen:
• Wo komme ich her?
• Was verbindet mich mit anderen Menschen?
• Was bleibt?
• Was gibt mir Halt?
Wie dieses Bedürfnis anerkannt und begleitet wird, hängt immer von Zeit, Kultur und der Familie ab. Auch in Familien ohne religiösen Glauben – oder in einem agnostischen oder atheistischen Umfeld – kann dieses Bedürfnis gelebt werden: durch Geschichten, durch das Erinnern an Vorfahren, durch Gespräche über Leben und Tod, durch Rituale, Stille oder gemeinsames Innehalten.
Montessori in jeder Kultur, in jedem Land, mit jeder Familie
Deshalb steht es in der Montessori-Pädagogik jeder Familie frei, woran sie glaubt und wie sie diesen Glauben lebt.
Ja, es gibt viele kirchliche Träger von Montessori-Kinderhäusern und -Schulen. Genauso lässt sich die Montessori-Pädagogik jedoch in jedem anderen kulturellen oder weltanschaulichen Kontext leben.
Denn Montessori-Pädagogik ist keine Glaubenslehre.
Ihr Ursprung liegt in der Arbeit einer Ärztin aus Italien Ende des 19. Jahrhunderts, die Kinder beobachtete, dokumentierte und aus diesen Beobachtungen pädagogische Schlüsse zog.
Ihre Begriffe und Weltanschauungen – wie bei allen historischen Persönlichkeiten – müssen im Kontext ihrer Zeit verstanden werden und sind nicht an eine Religion gebunden.
Und heute?
Wenn du mich fragen würdest, wie Montessori-Pädagogik und Religion zusammenpassen, würde ich klar sagen:
Man kann Montessori in jeder Kultur, in jedem Land, mit jeder Familie und mit jedem Kind leben.
Nicht eine Religion macht uns zu dem, was wir sind, sondern unsere Art, auf die individuellen Zeichen und Bedürfnisse eines Menschen einzugehen und wie wir unsere Werte im Umgang mit dem Menschen leben.
Und genau das versucht die Montessori-Pädagogik.
Dafür kann man religiös sein.
Oder spirituell.
Oder atheistisch.
Entscheidend ist nicht das Etikett – sondern die Haltung.
Weihnachten ist für mich …
Als Kind hatte Weihnachten für mich immer etwas ganz Magisches.
Dieses besondere Gefühl, das schwer zu greifen ist.
Mit den Jahren wurde es leiser und heute, mit meiner eigenen Familie, merke ich jedes Jahr ein Stück mehr:
Ah – so fühlt sich also unsere Tradition an.
Ich erinnere mich gut daran, dass der Weihnachtsbaum bei uns früher erst am 24. Dezember aufgeputzt wurde. Er stand dann plötzlich fertig geschmückt da – glitzernd, strahlend, vollkommen.
Als junger Teenager hatte ich dann große Freude daran, selbst mitzuhelfen. Ein Teil dazu beizutragen, dass dieses wichtige Symbol schön geschmückt ist.
Mit unseren eigenen Kindern haben wir uns bewusst entschieden, sie von Anfang an miteinzubeziehen. Mittlerweile schmücken sie den Baum sogar ganz allein – auch wenn ich später manchmal noch ein wenig „nachverteile“, weil er sehr bauchlastig geschmückt ist. ; )
Aber darum geht es nicht.
Es geht um dieses Miteinander. Um Geschenke für Verwandte und Liebste, die mit Sorgfalt überlegt oder selbst gestaltet werden. Um das gemeinsame Vorbereiten, das stille Hin-Arbeiten auf einen Tag, der für uns schön sein soll.
Das ist Weihnachten für mich heute.
Und vielleicht gehört genau das auch zu Weihnachten: dass Traditionen sich verändern dürfen.
Dass jede Familie ihren eigenen Weg findet, Sinn, Verbundenheit und Werte zu leben – im Einklang mit dem, was sich richtig anfühlt.
© Montessori-Online, Dezember 2025 · Geschrieben von Birgit Salvenmoser dipl. Montessori-Pädagogin (Montessori-Akademie | ÖMG)
Vielleicht hast du beim Lesen gespürt, dass Montessori mehr ist als eine Methode.
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